Ich gehe über einen zugefrorenen See – das Eis unter mir knackt und knirscht.
Aber kein Problem, es trägt mich. Und dann plötzlich bricht es, und ich stehe bis zur Hüfte im Wasser. Über den etwas kühlen Heimweg lasse ich mich jetzt nicht weiter aus.
Gleichzeitig ist dieses Erlebnis ein wunderbares Beispiel für die Art und Weise wie sich Systemwandel vollzieht. Nämlich nach den Gesetzmäßigkeiten der Kritikalität, einem Mechanismus der seine Tücke hat.
Die Tücke im Systemwandel
Betrachtet man ein Unternehmen als ein synchronisiertes Element in einem Branchensystem (Leistungsprofil, Kunden, Wettbewerber, Lieferanten), ist inzwischen klar: Diese Systeme verändern sich, maßgeblich getrieben durch die digitale Transformation. Aber eben nicht sukzessive und vorhersehbar, so wie wir das gewohnt sind, sondern nach anderen mathematischen Gesetzmäßigkeiten. Das heißt, erst passiert lange Zeit nichts und dann ganz plötzlich, ausgelöst durch ein unscheinbares Ereignis, kippt das System in eine neue, andere Ordnung.
Übertragen auf das Eis-Beispiel: Gehen wir davon aus, Sie entwickeln Ihre Produkte anhand von Kundenanfragen und neuer Technologien kontinuierlich weiter, was vergleichbar ist mit dem Knacken und Knirschen des Eises. Es scheint alles in Ordnung – das Eis trägt – als plötzlich eine Lösungserweiterung, zum Beispiel durch einen bisher unbekannten Wettbewerber auftaucht. Über die denken Sie anfangs noch: `Ja, kann man so machen, aber das ist eigentlich trivial?´ und dann kippt das Branchensystem. Alle Kunden wollen die Lösungserweiterung haben, Lieferanten werden plötzlich zu Wettbewerbern, da sie diese Idee aufgreifen, usw. und das System beginnt sich vollständig neu zu ordnen.
Wie damit umgehen?
Wie erkennt man, ob das „Knacken“ unwesentlich ist oder bereits den Kipppunkt darstellt?
Ohne die berühmte Glaskugel gar nicht! Aber durch einen Perspektivenwechsel ist dieses Phänomen handhabbar und lässt sich zum eigenen Vorteil nutzen.
Die Zauberformel: die eigene Spezialisten-Wahrnehmung öffnen/erweitern, Lösungen vorwegnehmen und situationsgerecht realisieren.
Klingt vielleicht banal, aber genau dieses Verhalten ermöglicht das entscheidende Quäntchen an Vorsprung, um den Branchensystemwandel rechtzeitig zu erkennen und mitzugestalten. Oder anders ausgedrückt: Wenn die Karten neu gemischt werden, gilt es, vorne mitzumischen.
Die zentrale Frage
Wann sollten Sie sich als Unternehmen mit diesem Thema auseinandersetzen? Diese Frage können nur Sie selbst beantworten. Prüfen Sie daher:
a) Knackt und knirscht es schon in Ihrer Branche? Oder, was schätzen Sie, in wieviel Jahren wird es anfangen?
b) Wie lange braucht es in Ihrem Unternehmen von der Idee bis zu einem nennenswerten Umsatz?
Und wenn Sie nun b) von a) subtrahieren, wissen Sie, ab wann Sie sich mit diesem Thema auseinandersetzen müssen.